Durch die italienische Region Molise fährt man normalerweise nicht einmal hindurch. Man fährt an ihr vorbei. „Gibt es eine Region, die Molise heißt?“, so scherzte einst der italienische Staatsanwalt und Politiker Antonio Di Pietro, selbst Molisaner. Di Pietros Zeit ist schon länger vorbei, Mitte der 90er-Jahre deckte er einen großen Korruptionsskandal auf. Rom und Neapel liegen in nicht allzu großer Entfernung der zum Mezzogiorno zählenden Region. Südlich von Molise erstreckt sich Apulien mit der Gargano-Halbinsel. Es gibt scheinbar keinen Grund, sich hierher zu verirren. Aber viele Gründe, das Weite zu suchen.

Das ist das Problem der Region Molise mit ihren verborgenen Schätzen. Und deshalb ist kürzlich die Regionalregierung mit einer Initiative zur Besiedelung aktiv geworden. Tausende E-Mails und Anrufe gingen seit September an ihrem Sitz in Campobasso ein. 600 Bewerber aus fünf Kontinenten legten gar konkrete Bewerbungen vor. Sie alle wollen von den Subventionen profitieren, die die Region für Abenteurer vorsieht, die sich verpflichten, für mindestens fünf Jahre nach Molise zu ziehen. Die Bedingung ist, in eines der mehr als hundert Dörfer mit weniger als 2000 Einwohnern zu ziehen und dort ein Gewerbe zu eröffnen oder ein Gebäude zu sanieren. Im Gegenzug bekommt man 700 Euro monatlich, drei Jahre lang. So sieht das Zukunftsprogramm der Region Molise aus. Die Namen der malerisch gelegenen Bergdörfer: Fornelli, Bagnoli del Trigno, Pietrabbondante, Castel San Vincenzo, Scapoli oder Oratino.

Aussteiger als Einsteiger

„Die Initiative soll das Phänomen der Abwanderung eindämmen“, sagt Antonio Tedeschi, der Abgeordnete, der die Idee für das Programm hatte. Molise, früher ein einfacher Landkreis und erst seit 1963 eine der 20 italienischen Regionen, hat nur etwa 300.000 Einwohner. Es werden immer weniger. Natürlich sei die Initiative nicht die Lösung aller Übel. Es handle sich um einen ersten Versuch, wieder Leben in die kleinen Dörfer zu bringen. „Es ist zudem ein Anreiz für alle diejenigen, die ihr Leben verändern und die Stadt hinter sich lassen wollen, aber Angst vor dem ersten Schritt haben“, fügt Tedeschi hinzu. Regionspräsident Donato Toma will Leben zurück in die verwaisten Dörfer bringen. „Man kann eine Bäckerei eröffnen, ein Lebensmittelgeschäft oder ein Restaurant“, schlägt er vor.

Warum eigentlich nicht? So dachten sich offenbar die zahlreichen Bewerber. Das Leben entschleunigen, noch einmal von ganz vorne anfangen und das mit einer gewissen finanziellen Sicherheit. In Molise gibt es Berge, Wald, einen naturbelassenen Nationalpark mit Braunbären. Die Luft ist gut, Kriminalität gibt es so gut wie keine. Die Region grenzt sogar an die Adria. Nicht zuletzt isst man hier ausgezeichnet.