1. China meldete 23 neue Fälle binnen einer Woche. Gelingt ihnen die Virusbekämpfung besser?


China habe nach einer anfänglichen Schockstarre relativ schnell eine Strategie auf vorhandenen Strukturen aufgebaut, erklärt Nis Grünberg von der Denkfabrik Mercator-Institut für Chinastudien in Berlin. Wichtiger Faktor ist dabei etwa die enorme Mobilisierungskraft des Parteistaats. „Man ist nicht bange, große Ressourcen im Kampagnenstil einzusetzen. Das beinhaltet materielle Ressourcen, aber auch die existierenden Verwaltungs-und Überwachungsstrukturen. Man hat schon zuvor bis auf Blockwart-Niveau Strukturen geschaffen, die genutzt wurden. Da ist das System China durch den enormen Human-Ressources-Faktor klar im Vorteil“, betont Grünberg. Einen großen Teil des Erfolgs mache auch die Digitalisierung aus, die dichter an die Bürger vorgedrungen ist und effektiver sei als bei uns, jedoch hierzulande mindestens ein Datenschutzproblem darstellen würde. Die Stopp-Corona-App ist etwa obligatorisch, um überhaupt das Haus verlassen zu können. Eine Risikobewertung erlaubt oder verbietet dann Aktivitäten - wie Reisen. Zudem habe man keine Frucht davor, schon bei wenigen Fällen ganze Gebiete abzuriegeln und Millionen von Menschen unter Quarantäne zu stellen.


2. Können wir davon lernen?


„Das chinesische System kann man nicht eins zu eins umsetzen, aber es gibt Kernelemente, die auch in anderen asiatischen Ländern funktionieren, von denen man etwas lernen kann“, erklärt Grünberg. Etwa: „Die konsequente und rigorose Rückverfolgung von Kontakten und testen, was das Zeug hält. Kleine Städte müssen etwa zwei Millionen Tests am Tag durchführen können. Das ist essenziell, wenn man schnell herausfinden will, wo die Brandherde liegen. Zudem eine Quarantäne, die strikt eingehalten wird“, sagt Grünberg. Das alles mit der Unterstützung digitaler Lösungen.


3. Und was wollen wir jedoch nicht lernen?


Die Volksrepublik beherrscht einen Krisenmodus, den man in Europa nur bedingt replizieren kann. „In China gibt es eine gelernte größere Akzeptanz bei Eingriffen des Staates in das persönliche Leben. Außerdem würden Bürger durch digitale Komponenten überwacht, die in Europa nicht denkbar sind“, betont der China-Experte.

4. Und wie läuft es nun mit der Impfung?


In China schreitet die Immunisierung zügig voran, etwa 2,17 Prozent der Bevölkerung sind bereits geimpft. Das entspricht etwa 31 Millionen Impfungen. Zum Vergleich: In Israel wurden bereits knapp 48 Prozent der Bevölkerung – zumindest mit der ersten Dosis – immunisiert. In absoluten Zahlen liegt China im Spitzenfeld. Die Volksrepublik verimpft hauptsächlich das eigene Vakzin. Es gibt allerdings auch eine Kooperation mit Biontech. Ein Vorteil für die Chinesen sei sicher, dass Produktionsstätten und Strukturen bereits vorhanden waren, erklärt Grünberg. Das Fehlen der Strukturen wird in Europa vielfach kritisiert.