Der frühere Papst Benedikt XVI. hat eine wesentliche Aussage seiner Einlassung im Münchner Missbrauchsgutachten korrigiert. Entgegen seiner bisherigen Darstellung habe er doch an der Ordinariatssitzung am 15. Jänner 1980 teilgenommen, heißt es in einer von ihm veranlassten Stellungnahme an die Nachrichtenagentur Kathpress. Der Fehler sei aber „nicht aus böser Absicht heraus geschehen“, sondern „Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“.

Dies tue ihm „sehr leid“ und er bitte, dies zu entschuldigen. Allerdings sei in der betreffenden Sitzung „über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters nicht entschieden“ worden. Vielmehr habe man lediglich der Bitte entsprochen, dem Mann „während seiner therapeutischen Behandlung in München Unterkunft zu ermöglichen“. Wie es zu dem Versehen kam, will Benedikt XVI. in seiner „noch ausstehenden Stellungnahme“ erklären.

Ehemaliger Papst „mit Scham und Schmerz“ erfüllt

Eine ausführliche Stellungnahme will der ehemalige Papst, der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München-Freising war, zu einem späteren Zeitpunkt abgeben, sagte sein Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein gegenüber Kathpress in Rom. Der 94-Jährige bitte um Verständnis, dass die vollständige Durchsicht des 1.900 Seiten starken Gutachtens noch Zeit benötige. Die bisherige Lektüre der Ausführungen, so die Erklärung, erfülle ihn „mit Scham und Schmerz über das Leid“, das den Opfern zugefügt worden ist.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wird Joseph Ratzinger vorgeworfen, sich als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen nicht regelkonform verhalten beziehungsweise angemessen reagiert zu haben.

Die Gutachter bekundeten unter anderem erhebliche Zweifel an Aussagen von Benedikt XVI. zu einem besonders brisanten Fall eines Wiederholungstäters. Die Causa sorgte als „Fall Peter H.“ bereits mehrfach für internationale Schlagzeilen. Bei der betreffenden Ordinariatskonferenz im Jänner 1980 ging es darum, diesen Priester aus der Diözese Essen in München aufzunehmen. Ob während der Sitzung auch über die Vorgeschichte von Peter H. gesprochen wurde, konnten auch die WSW-Gutachter nicht mit Sicherheit klären. Benedikt XVI. hatte jedenfalls in seiner ersten, 82-seitigen Stellungnahme im Rahmen der Anhörung, die in das Gutachten aufgenommen wurde, bestritten, an der Sitzung überhaupt teilgenommen zu haben.