Angeklagt bei dem Verfahren sind rund 350 mutmaßliche Mitglieder und Helfer der Organisation 'Ndrangheta. Für den Prozess wurde extra ein Gebäude eingerichtet. Der Prozess startete mit der Verlesung der Namen der Angeklagten. "Dieser Prozess ist ein Meilenstein im Kampf gegen die 'Ndrangheta", so der ermittelnde Oberstaatsanwalt von Catanzaro, Nicola Gratteri.

Der Prozess mit 355 Angeklagten, rund 400 Anwälten und mehr als 900 Zeugen dürfte mehr als zwei Jahre dauern. Für rund 90 weitere Angeklagte, die sich für ein Schnellverfahren entschieden haben, ist der Prozessstart am 27. Jänner vorgesehen. Den Beschuldigten werden unter anderem Mafia-Zugehörigkeit, Mord, illegaler Waffenbesitz und Drogenhandel vorgeworfen.

"In 50 Jahren wird man diesen Prozess in den Kriminologie-Büchern studieren. Mit diesem Verfahren schreibt Italien Geschichte", versicherte der Präsident der Anti-Mafia-Kommission im Parlament, der aus Kalabrien stammende Senator Nicola Morra. Zum Prozessauftakt am Mittwoch wurden keine Kameraleute zugelassen, es galten schärfste Sicherheitsvorkehrungen. Erwartet wird, dass auch 58 Kronzeugen aussagen. Als Nebenkläger nehmen mehrere Gemeinden in Kalabrien teil.

"Mit diesem Prozess zeigen wir, wie sich die 'Ndrangheta in den Jahren entwickelt hat. Sie ist nicht nur für Erpressungen und Wucher verantwortlich, sondern ist eng auch mit der öffentlichen Verwaltung verstrickt. Die 'Ndrangheta ist nicht mehr eine Hirten-Mafia, sondern eine moderne Holding des Verbrechens", sagte Oberstaatsanwalt Gratteri.

Der Prozess ist das Ergebnis umfangreicher Ermittlungen, die im Dezember 2019 zur Festnahme von 334 Personen geführt hatten, darunter Unternehmer und Politiker. Auch in Deutschland, der Schweiz und Bulgarien kam es zu Festnahmen, darunter kalabresische Politiker wie ein Ex-Senator und der Bürgermeister einer Gemeinde in Kalabrien. Unter den Angeklagten ist auch Clan-Chef Luigi Mancuso, der bereits 20 Jahre hinter Gittern verbrachte.

Aus den Ermittlungen gingen enge Verstrickungen der 'Ndrangheta mit der Politik hervor. Die "Rinascita Scott" genannte Untersuchung konzentrierte sich auf Vibo Valentina, erstreckte sich aber bis nach Norditalien. "Die Mafia ist eng mit den Machtzentralen verstrickt, daher wird sie immer stärker", sagte Senator Morra.