Im Sommer 2018 war es, als sich über 500 Millionen EU-Bürger online zur Beibehaltung oder Abschaffung der Zeitumstellung äußern konnten. 4,6 Millionen Antworten aus 28 Staaten gingen ein – was weniger als ein Prozent der EU-Bürger darstellt, im Vergleich zu anderen Umfragen aber als Rekordbeteiligung gefeiert wurde.

84 Prozent für Abschaffung

Die Umfrage galt zwar als nicht repräsentativ, ließ den großen Zeiger der öffentlichen Meinung aber ganz eindeutig ausschlagen: 84 Prozent der Teilnehmer sprachen sich für eine Abschaffung der Zeitumstellung aus. Ebendiese steht uns aber – zumindest ein weiteres Mal – bevor: An diesem Sonntag (27. Oktober) endet die Sommerzeit wieder. In der Nacht, vor dem Schlafengehen oder nach dem Aufstehen müssen/dürfen die Uhren von 3 Uhr auf 2 Uhr zurückgestellt werden.

Alles wie gehabt also – aber wie lange noch? Die europaweite Abschaffung des Uhrendrehens hängt nach wie vor noch in der Warteschleife: Das Europaparlament hat zwar ebenfalls für eine das ganz Jahr hindurch einheitliche Zeit gestimmt – und dafür einen Zeitpunkt nach dem Jahr 2021 festgelegt. Bis es so weit ist, müssen die Mitgliedsstaaten jedoch mehrheitlich zustimmen. In ganz Europa sind Beratungen dazu – mehr oder weniger intensiv – am Laufen.

Erik Asplund, Zuständiger bei der Ständigen Vertretung Finnlands in Brüssel, das derzeit den Ratsvorsitz innehat, verweist auf große Vorbehalte. Viele Staaten hätten Bedenken zum Ausdruck gebracht, dass es dem Kommissionsvorschlag an einer Abschätzung der Konsequenzen fehle. Ein beträchtlicher Teil der Länder habe noch immer keine eindeutige Position bezogen.

Einheitlich sind Europas Befindlichkeiten jedenfalls nicht: Während in Griechenland und Zypern die Mehrheit der Umfrageteilnehmer für ein Weiterlaufen der Zeitumstellung stimmte, war man in den anderen EU-Ländern mehrheitlich für ihre Abschaffung. Die britische Regierung betonte nach Ende der Befragung im August 2018, "derzeit keine Pläne" zu haben, das Uhrendrehen abzuschaffen. In Österreich hielt der damalige Verkehrsminister Norbert Hofer fest, er sei "bereit, rasch zu handeln".

Eine weitere grundlegende Frage konnte die Befragung ebenfalls nicht klären: In Österreich und dem überwiegenden Teil von Resteuropa gilt dauerhafte Sommerzeit als die von der Bevölkerung und der Politik bevorzugte Normalzeit – "für alle Zeit", wie es Noch-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte. Der ursprüngliche Plan war es aber, die EU-Staaten selbst entscheiden zu lassen, ob sie dauerhaft Sommer- oder "Winterzeit" als Normalzeit haben wollen.

Mehrere Länder meldeten Bedenken an – sie fürchten einen Wildwuchs bei den Zeitzonen, der der Wirtschaft schade. Derzeit gibt es in Mitteleuropa von Polen bis Spanien eine große Zeitzone, der Österreich, Deutschland und 15 weitere EU-Länder angehören. Der zwischenstaatliche Handelsverkehr sei durch einen Fleckerlteppich in Gefahr.

1980 flächendeckend eingeführt

Auf EU-Ebene wurde die Sommerzeit 1980 eingeführt, 1996 wurde sie vom letzten März-Sonntag bis zum letzten Sonntag im Oktober ausgedehnt. Der ursprüngliche Plan, dadurch Energie zu sparen, geriet zum Nullsummenspiel: Laut deutschem Umweltbundesamt wird im Sommer abends weniger Licht eingeschaltet, dafür aber im Herbst und Winter mehr geheizt.

Abgesehen vom verfehlten Sparziel gibt es medizinische Studien, die umstellungsbedingte "Mini-Jetlags" beim Menschen orten. Einige Schlafforscher halten dem entgegen, dass die nächtliche Nutzung von Smartphone, Tablet und Co. wesentlich schlimmer sei.