Man muss die ganze Geschichte erfassen, bevor man sich dem Phänomen nähert: Über 40 Jahre galt der Original-Mustang (Bild rechts oben) aus dem Film „Bullitt“ als verschollen. Niemand wusste, dass Sean Kiernans Vater jenes Auto 1974 gekauft hatte, das mit Hollywood-Legende Steve McQueen in einer rund elfminütigen stilprägenden Verfolgungsjagd zu den Kings of Cool von Generationen wurde. Der Mustang wurde zur Familienkutsche, man lebte in Madison, im US-Bundesstaat New Jersey etwa 40 Kilometer von New York City.

Es muss gut geklungen haben, wenn Mrs. Kiernan mit dem Film-Mustang und seinen geraden Auspuffrohren, die den Gehweg erbeben lassen (O-Ton Kiernan), an der Grundschule vorfuhr, wo sie unterrichtete. Aber das Auto gab die Familie nie her, selbst als Steve McQueen höchstpersönlich bei Kiernans Vater anrief und sogar in einem Brief darum bat.

Erst Jahrzehnte später wurde der Kontakt zu Ford hergestellt, Kiernan junior hatte das Auto selbst restauriert, der Mustang mit der Fahrgestellnummer 8R02S125559 wurde in das sogenannte National Historic Vehicle Register aufgenommen, als 21. Fahrzeug.

Dass Ford diese Ikone der Automobilgeschichte neu auflegt, liegt auf der Hand. Die Liebe zum Detail überrascht: Das Auto ist voll von Anspielungen (Schaltknauf in Billardkugeloptik, Farbe etc.), es wirkt derb und edel zugleich.

Am schönsten ist es aber, wenn man den Startknopf drückt und der V8 sich ins Gehör wummert und um freundliche Behandlung des Gaspedals zu betteln scheint. Erster Gang, scharfer Fahrmodus, und mit einem Schlenkerer geht's auf die ersten Kilometer. Der Mustang ist nicht handlich, aber willig. Das Fahrwerk schenkt in den entscheidenden Phasen das nötige Urvertrauen, dass man so ein Trumm von einem Sportwagen überhaupt bändigen kann. Zwischen 80 und 120 km/h offenbart sich das 460-PS-Kraftwerk in einer Art, dass man glänzende Augen bekommt.

Irgendwie, so scheint es, passt der neue Mustang Bullitt - trotz des Hightech-Einsatzes und Spielereien wie einer 1000-Watt-B&O-Anlage - nicht in unsere Zeit. Das ist gut so. Dieser Bullitt ist eine Hommage an eine Ära, in der ein Auto noch ein Held sein durfte und Steve McQueen die Bösen doch noch zur Strecke brachte. Die Guten, sie bleiben bei uns.

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