Es war eine Stunde der Wahrheit, die gemeinsame Bilanz eines neuen, im Vorjahr entstandenen Autogiganten. Analysten sollten die Bilanz später als „solide“ bezeichnen. Für einen Konzern aus der Retorte, der 14 Marken – Fiat, Abarth, Peugeot, Citroën, Jeep, Maserati, Alfa Romeo, Opel etc. – sowie unterschiedliche Denkweisen aus Frankreich, Italien, den USA vereint, kein schlechter Anfang. Vor allem in Coronazeiten.

Stellantis, so der Name der Fusion des italienisch-amerikanischen Herstellers Fiat Chrysler mit der französischen PSA-Gruppe, setzte im ersten Quartal 14 Prozent mehr um als vor Jahresfrist, die Erlöse lagen mit 37 Milliarden Euro höher als erwartet. Der Konzern verkaufte rund 1,48 Millionen Fahrzeuge. In Österreich meldete Stellantis im ersten Quartal 2021 ein Wachstum von 22,1 Prozent gegenüber 2021.

Dabei konnte Stellantis 190.000 Fahrzeuge – aufgrund des Chipmangels, der die Autobranche betrifft – gar nicht bauen. Im Zeitraum von April bis Ende Juni befürchtet man sogar weitere Konsequenzen, eine Verbesserung der Lage bei den Halbleitern wird erst im zweiten Halbjahr erwartet.

Der nunmehr viertgrößte Autohersteller der Welt wird sich ob solcher Probleme aber bei der Umsetzung der Megafusion nicht bremsen lassen. Man beschreitet einen Weg, der vorgezeichnet ist: teile und herrsche. Sprich, gemeinsame Plattformen, gemeinsame Technik, gemeinsamer Einkauf – und Kostenreduktion.

Bei Peugeot, Citroën und DS ist man auf Schiene, deren Plattformen und Technikvorgaben werden daher die anderen Marken fluten. Der frühere PSA-Chef und jetzige Stellantis-Lenker Carlos Tavares – gemeinsam mit Agnelli-Enkel John Elkann Mastermind hinter der Fusion – legt sein Restrukturierungsmuster über den Konzern. Das bedeutet: Konzentration auf Kernsegmente, jedes Modell steht auf dem Prüfstand, verbunden mit einer wirtschaftlichen Rosskur, um in die Gewinnzone zu kommen.

Wie das ablaufen wird, dafür liefert Opel seit der Eingliederung in den alten PSA-Konzern eine Blaupause. Die einstige deutsche Kultmarke wurde zuerst ausgedünnt, Modelle wurden gestrichen, aber jetzt sieht man klarer.

Bei der Entwicklung ist man auf Konzernebene auf Vierzylinder und Brennstoffzelle fokussiert, freilich unter französischer Obhut. Aber: Ab Herbst wird man die ersten mit Wasserstoff betriebenen Nutzfahrzeuge ausliefern. In Kaiserslautern will Opel mit Partnern außerdem ein Batteriewerk aufbauen.

Was auch in Österreich interessieren dürfte. Das Getriebewerk für Verbrennermotoren in Aspern wird angesichts der fortschreitenden Elektrifizierung (Stellantis plant neue Elektroplattformen mit Reichweiten bis zu 800 Kilometern) wohl nicht auf Dauer zu halten sein. Ein Batteriewerk wäre eine Alternative.

Die größte Herausforderung wird es aber sein, die Marken, die auf gleichen Plattformen unterwegs sind, zu differenzieren. Das funktioniert bei Citroën, Peugeot und DS einfacher als in einem 14-Marken-Reich.

Zur Sache geht es bei den italienischen Marken wie Fiat, die lange wenig in die Weiterentwicklung investierten (Fiat 500/alt und Panda). Auch die Jeep-Modelle werden französische Technik erhalten. Beispiele? Der Jeep Renegade könnte in Zukunft auf Basis des Peugeot 2008 stehen, der sich die Plattform mit dem Opel Mokka teilt. Diese Pläne kann man durch die gesamte Stellantis-Modellpalette durchkonjugieren.

Die Kultmarke Alfa Romeo, deren Hoffnungsträger Tonale (ein Kompakt-SUV) sich verspäten wird, hat eine Bestandsgarantie, zukünftige Profitabilität vorausgesetzt. Der ehemalige Peugeot-Chef Jean-Philippe Imparato sitzt auf dem Alfa-Chefposten und hat schon bei der Löwenmarke bewiesen, dass er Marken retten kann. Er soll es auch gewesen sein, der beim Tonale ein besseres Hybrid-System eingefordert und den Marktstart verschoben hatte.

Imparatos Durchsetzungsvermögen könnte auch Maserati brauchen, dort wälzt man große Pläne in Bezug auf E-Mobilität und Modelle. Aber auch hier gilt: Jedes Modell muss sich rechnen. Den endgültigen Plan will Stellantis im Herbst vorstellen, Überraschungen nicht ausgeschlossen.

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