Man kann den Ärger ja teilweise nachvollziehen. So groß. So schwer. Und so unnötig vor allem in der Stadt, wo sich laut Statistik die meisten Sports Utility Vehicles aufhalten – das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Dieses generelle Bild des SUV als Symbol des endgültigen automobilen Überflusses hat sich erstaunlich tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Von „Stadtpanzern“ wird gern gesprochen, die zudem unaufhaltsam mehr werden.

2018 zum Beispiel lag der Marktanteil dieser Crossover-Fahrzeuge in Deutschland bei 36,4 Prozent, im ersten Halbjahr 2020 bei über 34. Und auch in Österreich bleibt man hier nicht weit dahinter. 2019 lag das Kuchenstück dieser Modelle am Neuwagenmarkt bei 31,9 Prozent. Und im ersten Halbjahr des heurigen Jahres befanden sich unter den 20 beliebtesten Modellen gleich neun Vertreter dieser Gattung. Alles Gründe, sich ernsthafte Sorgen zu machen. Oder etwa nicht?

Das Center Automotive Research aus Duisburg hat sich unter der Leitung von Professor Ferdinand Dudenhöffer dieser Frage angenommen und erstaunliche Fakten aus den Tiefen der Statistiken ausgegraben. Um eines gleich vorweg zu nehmen: Das gemeine SUV ist schon lange nicht mehr so groß und so schwer. Es ist zum Normalo geworden, zum Pantoffelhelden der Tiefgaragen Europas, wobei die Ausnahmen auch hier die Regel bestätigen.

Waren Sports Utility Vehicles 1990 sogar noch ein paar Zentimeter kürzer als der Durchschnitts-Pkw (4,24 zu 4,26 Meter), überragten sie diese 2007 schon um bis zu 30 Zentimeter. Damals maß ein SUV im Schnitt 4,58 Meter in der Länge, die späten Nuller-Jahre gelten für Dudenhöffer also als die exzessivsten Jahre dieser Fahrzeuge.

Ab spätestens 2009 setzte mit steigendem Umweltbewusstsein – die CO2-Debatte ging damals gerade richtig los – ein Rückwärtstrend ein, die Bewegung der Kompakt- und Mini-SUV rollte auch bei den europäischen Herstellern an. Und heute? Und im Durchschnitt? Generell liegt die Längendifferenz zwischen Pkw und einem vergleichbaren Crossover im Jahre 2020 bei nahezu Null, und die in der Breite bei harmlosen vier Zentimetern.

Ja und dann bleibt noch die gewichtigste Frage überhaupt: die nach den Pfunden. Vor 30 Jahren lag der Unterschied noch bei stolzen 598 Kilogramm, was kein Wunder ist, basierten damalige SUV auf echten Geländewagen mit Leiterrahmen und Starrachsen. Von diesen Konstruktionen nahmen sie aber schon bald Abschied und trugen fortan selbsttragende Karosserien. Das knabbert zwar viel weg von der Geländetauglichkeit, da ein solider, verwindungsarmer Rahmen und robuste Starrachsen das Um und Auf für Offroad-Fahrten sind. Allerdings: All das zählt bei einem SUV nicht, da die ja sowieso meist nur auf befestigten Straßen unterwegs sind.

Und sogar der Verzicht auf Allradantrieb fällt im Endeffekt nur positiv auf, da nicht nur Gewicht (bis zu 100 Kilogramm) einspart wird, sondern dank des kleineren Mitteltunnels auch mehr Platz im Innenraum bleibt. Im Schnitt wiegen SUV heute nur mehr 159 Kilogramm mehr als vergleichbare Pkw.

Dennoch ein Kritikpunkt, an dem keines dieser Autos vorbei kommt: Ein wenig mehr Sprit als ihre flacheren und leichteren Kollegen werden sie konstruktionsbedingt einfach immer benötigen.

Ist die Aufregung um SUV also ganz umsonst? Jein. Fairerweise muss zu diesen Statistiken gesagt werden, dass ihre hohen Verkaufszahlen den SUV grundsätzlich ein wenig in die Karten spielen. Das auf diesen Berechnungen basierende Durchschnittsauto besteht schließlich zu immer höheren Anteilen aus eben diesen Modellen, und auch die herkömmlichen Segmente – egal ob Kleinwagen, Kompakte oder Kombi – wuchsen in den letzten Jahrzehnten deutlich. Beispiel: Ein Ford Fiesta legte von 1990 bis heute um 30 Zentimeter in der Länge, 13 in der Breite und rund 280 Kilogramm zu.

Und auch wenn wie oben erwähnt der Gewichtsunterschied bei weniger als 200 Kilogramm liegt – in den letzten drei Jahrzehnten ging das SUV-Durchschnittsgewicht von 2172 Kilogramm auf 2147 zurück – die Pkw hingegen legten so dermaßen zu, dass sie nun im Schnitt fast zwei Tonnen auf die Waage bringen.

Selbstverständlich gibt es auch heute noch Sports Utility Vehicles, die mit ihren Daten weit über das verträgliche Maß hinaus schießen. Modelle wie der Rolls-Royce Cullinan (5,3 Meter), der Bentley Bentayga (5,1 Meter), BMW X7 (5,2 Meter) oder der Lamborghini Urus (5,1 Meter) sind hierzulande zwar echte Exoten, bedienen mit ihrer Üppigkeit von bis zu 2,5 Tonnen aber jene Vorurteile, mit denen alle SUV – so klein und brav sie auch sein mögen – zu kämpfen haben.

Stückzahlen sind damit auch nur in den Märkten in Übersee zu machen. Warum die Hersteller diese Dickschiffe hierzulande also überhaupt anbieten, muss jeder für sich selbst beantworten.