Zu Fuß gehen ist gesund und die klimaschonendste Form der Fortbewegung. In Freistadt befasst sich am Mittwoch und Donnerstag eine "Fachkonferenz für FußgängerInnen" mit den neuesten Trends in Sachen Gehen, wie Begegnungszonen oder Superblocks. Die Bedeutung des öffentlichen Raumes ist vielen in der Coronazeit verstärkt bewusst geworden - Stichworte: großzügigere Schanigärten oder überfüllte Parks. Auch die Verlegung nicht unbedingt nötiger Wege in die virtuelle Welt liegt seither im Trend.

Energiesparen hat in den Köpfen der Menschen längst Platz gegriffen, wenn es etwa ums Bauen, Heizen und Wohnen geht. Aber ein durchschnittlicher Haushalt mit Auto wendet 40 Prozent seines Energieverbrauchs allein für die Familienkarosse auf, berichtet der Fachverband Fußverkehr Schweiz, zwei Autos ziehen selbst die Energiebilanz eines Energiesparhauses nach unten. Im Rahmen eines Pilotprojektes ("MIWO - Mobilitätsmanagement in Wohnsiedlungen") wurden die Optimierungspotenziale von 23 Orten ausgelotet und Handlungsempfehlungen erstellt. Hier kann ein fußläufig erreichbarer Supermarkt ebenso helfen wie ein Zustelldienst oder ein Car-Sharing-Angebot.

Eine möglicherweise zukunftsweisende Form der Verkehrsberuhigung sind die sogenannten Superblocks. Die aus Spanien stammende Idee wird von Harald Frey von der Technischen Uni Wien präsentiert. Das Prinzip: Im Inneren des Superblocks gibt es ein engmaschiges Wegenetz, das Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist und entsprechend möbliert, begrünt und gekühlt wird. Bewohner und dort ansässige Gewerbetreibende dürfen mit dem Wagen mit 10 km/h zu bestimmten Punkten zufahren, die anderen Autos müssen draußen bleiben und werden in einem grobmaschigeren Netz außen herumgeführt.

Das Kühlen von Fußgängerbereichen wird in Zeiten des Klimawandels generell immer mehr zum Thema. Wien beispielsweise hat 2019 in einigen Bezirken die "coolen Straßen" ins Leben gerufen: Auf Hitzeinseln wird jeweils eine voll beschattete Straße für eine gewisse Zeit autofrei, um den Bewohnern als Erholungsfläche zu dienen. Statt parkender Autos gibt es Sprühduschen und Sitzmöbel. 92 Prozent der Anrainer waren zufrieden und hatten auch kein Problem damit, dass es weniger Parkplätze gab, berichtete Petra Jens von der Mobilitätsagentur Wien.

Am wenigsten klimaschädlich ist jene Mobilität, die gar nicht erst stattfindet - zumindest nicht in echt. Diesen Ansatz verfolgt das Projekt PoviMob (Potenziale und Wirkungen virtueller Mobilität) des Umweltbundesamts. Im Fokus stehen dabei Home-Office, Videokonferenzen oder Online-Shopping - all das spart Wege.

Allerdings drohen auch Rebound-Effekte, die die Erfolge wieder schmälern können: Bei Online-Shopping fällt der Weg ins Geschäft weg, es verursacht aber mehr Lieferverkehr. Der Stopp im Supermarkt auf dem Heimweg von der Arbeit wird beim Home-Office extra erledigt. Das Umweltbundesamt arbeitet derzeit daran, diese Rebound-Effekte zu quantifizieren. Neben der virtuellen Mobilität erleichtert die moderne Kommunikationstechnik aber auch die Verkehrsplanung in der realen Welt: WLAN-Sensoren erfassen anonym die Zahl der Personen, die unterwegs sind, und liefern eine Datengrundlage für die Planung.

Ein zuletzt immer häufiger negativ aufgefallenes Symptom des stark autogetriebenen Mobilitätsverhaltens der Österreicher sind die "Elterntaxis": Kinder werden mit dem Wagen zur Schule gebracht, was naturgemäß mehr Verkehr zur Folge hat. Der Schulweg für jene, die zu Fuß kommen, wird gefährlicher und unattraktiver, was wiederum zu noch mehr Elterntaxis führt. In Bozen setzt man hier seit Jahren auf Schulstraßen, auch in Österreich gibt es schon entsprechende Versuche in mehreren Bundesländern.

Die Idee: In der Früh herrscht ein temporäres Fahrverbot rund um die Schulen. Bei einem Pilotprojekt in Wien etwa zeigte sich, dass nicht nur der Eltern-Bring-Verkehr, sondern auch der Durchzugsverkehr stark zurückgegangen ist. Kinder konnten damit auch wieder sicherer fußläufig zur Schule kommen.

Die Palette der Projekte, die in Freistadt vorgestellt werden, ist breit gefächert. Sie reicht von Apps, die in Firmen das Bilden von Fahrgemeinschaften koordinieren sollen oder mit denen Gemeinden ihre Fußgängerfreundlichkeit testen können, über Karten, die den Menschen bewusst machen, wie nahe vieles eigentlich zu Fuß ist, bis hin zu konkreten Planungsbeispielen, die Siedlungsgebiete klima- und fußgängerfreundlicher machen sollen.

Die Gastgeberstadt hat ihr Zentrum etwa 2012 zur Begegnungszone erklärt, in der Autos Rücksicht auf Fußgänger und Radfahrer nehmen und mit maximal 20 km/h unterwegs sein dürfen. Die Erfahrungen sind gut, vor allem der Radverkehr hat seither stark zugenommen.

Der Verein Walk-Space, der die Konferenz in Freistadt veranstaltet, hat in einer Stellungnahme zur Novelle der Straßenverkehrsordnung auch etliche Vorschläge eingebracht, die den Verkehr per pedes fördern sollen. Neben Vorschlägen für breitere Gehsteige oder der Forderung nach der Aufhebung der Zebrastreifen-Benützungspflicht sind darin vor allem auch strengere Geschwindigkeitsbegrenzungen für Autos enthalten: So sollten im Ortsgebiet generell 30 km/h gelten (Ausnahmen möglich), im Freiland 80 km/h. In Begegnungszonen solle das Limit einheitlich auf 20 km/h gesetzt werden - derzeit kann die Behörde auf 30 km/h erhöhen.

Aber auch Tempovorgaben für Rad- und Rollerfahrer auf gemischten Geh- und Radwegen von maximal 15 bis 20 km/h sind in der Stellungnahme enthalten. Mit Blick auf die Zukunft wird gefordert, möglicherweise noch entstehende Ansprüche auf die Nutzung des Gehsteigs - etwa durch autonome Zustell-Roboter - gleich präventiv zu unterbinden.

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