Hunderte Millionen Euro soll der Produktionsausfall die deutschen Autohersteller täglich kosten. Die Autowelt steht still. Millionen Menschen sind weltweit von Kurzarbeit und Kündigungen betroffen. Und niemand weiß, wie es mit der Industrie weitergeht.Volkswagen-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann sagte in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: Länger als bis zum Sommer könne der Stillstand nicht dauern, dies hielten Gesellschaft und Wirtschaft nicht aus.

Für alle Unternehmen, die in dieser Branche tätig sind, ist es eine äußerst kritische Phase. Riesige Produktionskapazitäten liegen brach. Und deshalb wurde die Autoindustrie zum Thema: Denn in vielen Spitälern weltweit – wie zum Beispiel in Italien – werden Beatmungsgeräte dringend benötigt, um Intensivpatienten zu versorgen.

Jaguar Land Rover zum Beispiel bestätigte bereits vorige Woche auf Anfrage der Kleinen Zeitung: „Ja, wir wurden von der Politik darauf angesprochen, bei der Produktion von Beatmungsmaschinen mitzuhelfen, und sind mit der Regierung im Gespräch. Als britisches Unternehmen werden wir natürlich alles, was in unserer Macht steht, tun, um unserer Gemeinschaft in diesen beispiellosen Zeiten zu helfen.“

Es ist nicht der einzige Autohersteller, der offene Produktionskapazitäten oder Technik in den Dienst des gemeinsamen Kampfes gegen das Coronavirus stellen will. Volkswagen zum Beispiel will 3D-Drucker – eigentlich für Kunststoffteile und Prototypenbau vorgesehen – dazu verwenden, um Material für Beatmungsgeräte und medizinische Technik zu produzieren. Behörden und Verbände hätten bereits angefragt. Sogar die internationalen Ressourcen, was 2D-Drucker betrifft, könnten angezapft werden.

Dazu hat man genauso wie BMW bereits Hunderttausende Atemschutzmasken gespendet. Auch Daimler hat über 100.000 Masken zur Verfügung gestellt, und man will im 3D-Drucker-Bereich ebenso helfen. Außerdem hat man Gebäude zur Versorgung Kranker in Deutschland bereitgestellt. Die Hilfswelle rollt global. Der italienisch-amerikanische Autobauer Fiat Chrysler will eines seiner Werke in Asien auf die Produktion von Gesichtsmasken umstellen.

Ford, GE und 3M haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Beatmungsgeräte zu produzieren. Es gehe darum, den Menschen an den „Frontlinien der Krise“ zu helfen, sagte Ford-Verwaltungsratschef Bill Ford. Über die Kooperation mit GE und 3M hinaus wird der Automobilhersteller mehr als 100.000 Plastikgesichtsmasken pro Woche in einer eigenen Fabrik fertigen und seine 3D-Druck-Technik für Schutzausrüstung einsetzen. Auch dem US-Autobauer General Motors (GM) und Tesla wurde die Genehmigung für die Produktion/Teileherstellung von Beatmungsgeräten in den USA etc. erteilt.

Die große Schwierigkeit bei diesen Aktivitäten, vor allem was die 3D-Drucker-Technik für Teile/Beatmungsgeräte betrifft: Alles unterliegt strengen Vorgaben und Zertifizierungen. Auch das müssen die beteiligten Konzerne – Zulieferer wie Autohersteller – erst einmal in dieser kurzen Zeit stemmen. Leise Zweifel klingen dabei unter medizinischen Experten durch: Es geht darum, ob sich die komplexen Anforderungen für Medizintechnik in kürzester Zeit auch entsprechend realisieren lassen – und ob man die Produktionswege so schnell anpassen könne.

Trotzdem heißt es, man brauche jede Hilfe, und diese Probleme seien zu bewältigen. In Italien wurden zum Beispiel die ersten Ventile für Beatmungsgeräte einer 3D-Drucker-Firma, die diese jetzt herstellt, bereits eingesetzt und von den Ärzten so kommentiert: „Wir haben Patienten ohne Sauerstoff wegen des Mangels an diesen Ventilen. Was immer Sie uns bringen, wird ein Gewinn sein.“

Mehr zum Thema